Ausgabe November 2024

29.10.2024

Experten fordern Reformgesetz in der Reproduktionsmedizin

Foto: dbn

Experten fordern Reformgesetz in der Reproduktionsmedizin

Im Zuge der Regierungsbildung appellieren Kinderwunschexperten an die verhandelnden Parteien, Maßnahmen zur Gleichstellung von Frauen, insbesondere in der Familienplanung, umzusetzen. Eine Umfrage zeigt, dass sich 75 % der Frauen in Österreich beim Thema Kinderwunsch diskriminiert fühlen. Diese Diskriminierung ist vor allem auf das gesetzliche Verbot des Social Egg Freezing zurückzuführen, dass Frauen die Möglichkeit verwehrt, ihre Eizellen für eine spätere Schwangerschaft einfrieren zu lassen. Die Reproduktionsmediziner Priv.-Doz. DDr. Michael Feichtinger und Dr. Alexander Just betonen die Dringlichkeit einer Reform und fordern eine Modernisierung der Gesetze, um Frauen in Österreich eine faire und selbstbestimmte Familienplanung zu ermöglichen. Folgende fünf Forderungen stehen im Zentrum:

1. Legalisierung des Social Freezing für Frauen in Österreich
Es ist unerlässlich, das Social Egg Freezing - also das vorsorgliche Einfrieren von Eizellen - in Österreich gesetzlich zu erlauben. Aktuell dürfen Frauen in Österreich auf diese Option nicht zugreifen, obwohl die weibliche Fruchtbarkeit ab 30 massiv abnimmt. Dies führt zu einer deutlichen Benachteiligung von Frauen welche früher oder später die Entscheidung zwischen Karriere oder Fruchtbarkeit treffen müssen (gegenüber Männern die bis ins hohe Alter zeugungsfähig sind) Je früher diese Entscheidung zu Gunsten der Fruchtbarkeit getroffen wird, desto eher kann sich eine Frau ihren Kinderwunsch erfüllen, je später die Entscheidung zu Gunsten der Karriere getroffen wird desto eher kann die betroffene Frau Karriere machen - der Kinderwunsch bleibt dann jedoch oftmals unerfüllt.

2. Finanzielle Unterstützung und Förderung des Social Egg Freezing
Die Kosten für das Einfrieren von Eizellen, die derzeit bei bis zu 4000 Euro liegen, sind für viele Frauen eine hohe Hürde. Daher fordern Feichtinger und Just finanzielle Unterstützung vom Staat. Eine Förderung würde es vielen Frauen ermöglich, sich beruflich weiterzuentwickeln, ohne auf eine spätere Familienplanung verzichten zu müssen. In anderen Ländern, wie etwa in Frankreich, wird das Social Egg Freezing bereits seit Jahren praktiziert und gefördert.

3. Gleichstellung in der Reproduktionsmedizin
Es ist unverständlich, dass in Österreich das Einfrieren von Eizellen nur bei medizinischer Indikation erlaubt ist, beispielsweise vor einer Chemotherapie. Allen anderen Frauen bleibt diese Option verwehrt. Diese Regelung zwingt viele Frauen, ins Ausland zu gehen, um ihre Eizellen einfrieren zu lassen, was mit zusätzlichen Kosten und einem größeren Eingriff in das Berufsleben verbunden ist. Die Experten fordern daher, dass das Einfrieren von Eizellen auch ohne medizinische Indikation gesetzlich erlaubt wird, um Frauen mehr Selbstbestimmung über ihre Familienplanung zu ermöglichen.

4. Erleichterung der Vereinbarkeit von Beruf und Kinderwunsch
46 % der befragten Frauen gaben an, sich zunächst auf ihre berufliche Laufbahn konzentrieren zu wollen, bevor sie Kinder bekommen. Damit Frauen nicht aufgrund ihrer biologischen Uhr frühzeitig zwischen Beruf und Familie entscheiden müssen, fordern die Experten die Schaffung von rechtlichen Rahmenbedingungen, die es ermöglichen, beides in einem gesunden Maß zu vereinen. Hierzu gehört einerseits die individuelle Entscheidungsfreiheit wann der Kinderwunsch erfüllt wird, andererseits ausreichend Betreuungsplätze (besonders in Großunternehmen) um eine Vereinbarkeit von Karriere und Familienplanung endlich zu ermöglichen.

5. Förderung von Familienwachstum und Selbstbestimmung
Österreich verzeichnet seit 1970 einen Rückgang der Geburtenrate von etwa 25 %. Um diesen Trend umzukehren, muss der Staat Frauen aktiv dabei unterstützen, ihren Kinderwunsch flexibel und selbstbestimmt zu gestalten. Dazu gehört auch, alleinstehenden Frauen den Zugang zu Eizelleneinfrierung und Samenspende zu ermöglichen. Es besteht politischer Handlungsbedarf, um das Familienwachstum in Österreich zu fördern und die Diskriminierung zu beenden. In einem Großteil der europäischen Länder ist im Gegensatz zu Österreich die Samenspende für alleinstehende Frauen erlaubt und das Social Freezing gang und gäbe.

Reproduktionsmediziner Feichtinger und Just fordern eine dringend notwendige Reform der Reproduktionsmedizin in Österreich, um Frauen dieselben Möglichkeiten der Familienplanung zu bieten wie in anderen Ländern. Die fünf zentralen Forderungen zielen auf die rechtliche Gleichstellung, finanzielle Unterstützung und die Förderung eines selbstbestimmten Familienlebens ab. Nur durch eine gesetzliche Anpassung und gezielte Förderungen kann eine echte Gleichberechtigung in der Familienplanung erreicht werden, die es Frauen ermöglicht, sowohl berufliche Ziele zu verfolgen als auch ihren Kinderwunsch ohne unnötige Hürden zu verwirklichen.

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