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Ausgabe Juli 2023

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30.06.2023

Vor dem Lohn war die Inflation

Foto: dbn

Vor dem Lohn war die Inflation

Dass der Finanzminister den Menschen ausrichtet, ihre Löhne seien mit schuld an extrem hohen Preisen, ist nicht nur von Experten widerlegt, sondern unverschämt, weil er damit eigene Fehler in der Inflationsbekämpfung auf die Bürger abwälzt.

Das muss man sich trauen. Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) ließ wissen, höhere Löhne seien mit schuld an der überdurchschnittlich hohen Inflation in Österreich. So etwas den teuerungsgeplagten Menschen auszurichten, ist mindestens ungeschickt, eher dreist.

Erstens bildet in Österreich die Inflation überhaupt erst einmal die Grundlage der Lohnverhandlungen. Je höher zuvor die Inflation, desto höher in der Regel später die Löhne. Ohne hohe Teuerung auch kein hohes Lohnplus. Dass Firmen die höheren Kosten dann teilweise in Form höherer Preise weitergeben und auch die Wettbewerbsfähigkeit mancher Unternehmen leidet, ist klar. Am Anfang stand aber die Teuerung, nicht die Löhne.

Zweitens hat auch das Wirtschaftsforschungsinstitut unlängst festgestellt, dass nicht die höheren Lohnabschlüsse an der überdurchschnittlich hohen Teuerung in Österreich schuld sind. Wifo-Chef Felbermayr betonte gestern erneut, dass es die von Brunner behauptete Lohn-Preis-Spirale schon letztes Jahr nicht gab und es sie auch heuer nicht gibt.

Drittens ergab eine Wifo-Analyse, dass die überdurchschnittlich hohe Teuerung in Österreich hauptsächlich Folge einer expansiven Fiskalpolitik der Bundesregierung ist. Sprich: Besonders die ungezielt an Arm und Reich verteilten, milliardenschweren Gießkannen-Zuschüsse der schwarz-grünen Bundesregierung haben die Inflation weiter angefacht. Statt gezielt Bedürftige zu unterstützen, wurden auch alle mit fettem Bankkonto mit ordentlich Steuergeld beschenkt. Das waren keine Anti-Teuerungshilfen, sondern Teuerungs-Anheizer. Allen Warnungen und Kritik von Wirtschaftsforschern zum Trotz wurde an dieser Füllhorn-Politik festgehalten und weiter fleißig Steuergeld ins System gepumpt.

Viertens, und auch das hält das Wifo fest, hat Österreich im Gegensatz zu anderen Euro-Ländern „keine substanziellen Maßnahmen zur Verringerung des Preisdrucks“ gesetzt, etwa bei den Energiepreisen. Ist Energie einmal (extrem) teuer, steigen in der Folge auch alle anderen Preise. Dabei gehören alle größeren Energiekonzerne – vom Verbund bis zu den Landesversorgern – der öffentlichen Hand. Statt die eigenen Strom- und Gaskonzerne als Brandmauer gegen die Teuerung zu positionieren, fährt man Rekordgewinne ein und sahnt Sonderdividenden ab, die dann zum Teil wieder ans Volk verteilt werden, was die Spirale weiter antreibt (siehe drittens).

Österreich hat viel Symptombehandlung und wenig Ursachenbekämpfung betrieben. Jetzt den Beschäftigten durch die Blume auszurichten, ihre Löhne und Gehälter seien am teuren Leben mit schuld, ist nicht nur zynisch. Damit wälzt Brunner die Fehler der eigenen Regierung auf die Bürger ab.

Quelle: TIROLER TAGESZEITUNG "Leitartikel" 29. Juni 2023, von Max Strozzi

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