30.06.2023
Foto: dbn
Das Sommerloch ist da. Wärmen wir mal ein altes Thema auf und bauschen wir es noch etwas auf: "Die Gipfelkreuze sollen abgeschafft werden!"
Bereits 2016 sprach sich Bergsteigerlegende Reinhold Messner mehr oder weniger für die Abschaffung der Gipfelkreuze aus. Damals legte ein Schweizer Künstler nach: Er ließ einen fast drei Meter großen Halbmond auf dem Gipfel des Berges "Freiheit" in den Appenzeller Alpen aufstellen.
"Kreuze haben am Gipfel nichts verloren", sie seien "das christliche Symbol schlechthin". Berge würden der gesamten Menschheit gehören und sollten daher nicht mit einer bestimmten Weltanschauung in Verbindung gebracht werden, so Messner damals.
"Niemand will die bereits aufgestellten Kreuze entfernen, es sollen aber keine weiteren aufgestellt werden. Berggipfel sollen ein neutrales Gebiet sein", sagte Marco Albino Ferrari, Redaktionsleiter des italienischen Alpenvereins CAI.
Der Österreichische Alpenvereinspräsident Andreas Ermacora erklärte im ORF-Interview, man habe eine ähnliche Meinung wie die Italiener. Man solle keine neuen Gipfelkreuze mehr aufstellen. Das habe aber weniger religiöse Gründe. Für ihn spricht der hohe Aufwand in der Errichtung und vor allem des Transportes gegen Gipfelkreuze.
"Die Berge sind kein „neutraler Boden“, sondern die Berge sind unsere Heimat. Wen die Kreuze auf unseren Bergen stören, der soll einfach im Tal bleiben oder woanders hinfahren. Heute sind es die Gipfelkreuze und morgen alle anderen Symbole unserer Kultur, die entfernt werden sollen. Dazu sagen wir klar und deutlich Nein”, meint die Bewegung Süd-Tiroler Freiheit zu dem Thema.
Ein schweizer Bergführer hatte im Jahr 2009 die Gipfelkreuze auf dem Vanil-Noir, auf Les Merlas und dem Dent-de-Broc umgesägt. Im Oktober 2010 startete er eine Unterschriftensammlung gegen religiöse Symbole in der Natur und im öffentlichen Raum.
Der Salzburger Landtagsabgeordnete und stellvertretende ÖVP-Klubobmann Josef Schöchl verlautbarte vor ein paar Tagen: "Sehr viele Gipfel des Alpenraums sind seit Jahrhunderten von Kreuzen geprägt. Unzählige ehrenamtliche Bergfreunde, Vereinsmitglieder, Wanderer, Alpinisten und auch Bergrettungsleute errichten und erhalten diese Kreuze. Sie gehören zu unserem Kulturgut und geben vielen Menschen auch spirituell eine Orientierung und Halt.“
Bereits Ende des 13. Jahrhunderts wurden vereinzelt große Kreuze auf Pässen und Anhöhen errichtet. Im 16. Jahrhundert wurden vermehrt Kreuze auf Gipfeln errichtet, wobei sie hierbei vor allem auch die Funktion der Markierung von Alm- und Gemeindegrenzen hatten. Im 17. Jahrhundert gewann die religiöse Symbolik an Bedeutung.
Die Kreuze dieser Zeit waren meist aus einfachen, vor Ort aufgefundenen Ästen gezimmerte Holzkreuze oder hier befestigte Hauskruzifixe. Oft wurden in dieser Zeit auch Kreuze mit zwei Querbalken in Form der sogenannten Patriarchenkreuze angefertigt. Diese sollten gemäß dem von alten heidnischen Vorstellungen geprägten Volksglauben Unwetter, Sturm und Hagel bannen.
Eine Blütezeit erlebten die Gipfelkreuze im 20. Jahrhundert. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden besonders viele neue Kreuze errichtet. Die Gemeinden organisierten dies oft im Gedenken an die Gefallenen, oder zum Dank für die gesunde Heimkehr aus dem Krieg und der Gefangenschaft.
Dank diverser politischer und religiöser Gruppierungen scheint die Gipfelkreuze das Sommerlochthema 2023 zu sein. Das wohl nicht zum letzten Mal.