30.06.2023
Foto: dbn
Der Bericht von Wettbewerbshütern und E-Control hat abermals dargelegt, dass viele Vorgänge am heimischen Strommarkt noch undurchschaubar sind. In Tirol sind Tiwag und Politik gefordert, Licht ins Dunkel der Preisgestaltung zu bringen.
Seit fast einem Jahr stehen Österreichs große Energieunternehmen und deren Preispolitik massiv in der Kritik. Der gestern vorgestellte Zwischenbericht der Taskforce aus E-Control und Wettbewerbshütern konnte die Konzerne nicht wirklich entlasten. Große Marktmacht der Platzhirsche, wenig Konkurrenz, fehlende Transparenz sowohl in der Preisgestaltung als auch gegenüber Kunden, dazu die fragwürdige Rolle der Politik und ihrer Gießkannen-Zuschüsse. Nun wollen die Prüfer dem ganzen Treiben der Energiefirmen weiter auf den Grund gehen. Denn letztlich reduziert sich die Angelegenheit auf die Frage: Wurden hier die chaotischen Umstände im vergangenen Jahr mitunter knallhart ausgenutzt.
Zu der Marktmacht im eigenen Revier gesellt sich noch die gegenseitige Verflechtung zwischen den österreichischen Energie-Granden. Tirols landeseigener Energieversorger Tiwag etwa ist ja nicht nur an den Innsbrucker Kommunalbetrieben beteiligt (49 %), sondern auch am teilstaatlichen Verbund-Konzern und an der Energie AG Oberösterreich. Die Burgenland Energie, die niederösterreichische EVN und Wien Energie wiederum haben mit der Energie Allianz seit mehr als 20 Jahren eine gemeinsame Energievertriebs- und -handelsgesellschaft. Vor allem die Preisgestaltung der Energie Allianz sei „auffällig“, befand gestern die Taskforce.
Auch der Doppelpass zwischen Politik und den großen heimischen Stromfirmen, die in öffentlicher Hand stehen, verstört. Konzerne wie der Verbund, der zum Großteil der Republik Österreich gehört, ziehen zunächst die Strompreisschraube mit Verweis auf die Großhandelspreise bis über die Schmerzgrenze an, um sich danach über eine Gewinn-Verdoppelung zu freuen. Gleichzeitig empört sich der Haupteigentümer Österreich in Gestalt von Kanzler Nehammer und droht damit, die Gewinne wieder abzuschöpfen. Und zugleich lädt man mit dem Stromkostenzuschuss sämtliche Konzerne geradezu ein, die Preise hoch zu halten – zahlt eh die Staatskasse.
In Tirol sind Tiwag und Landesregierung zunehmend in der Defensive. Konnte man sich im Vorjahr noch über die vergleichsweise günstigen Tarife auf die Schulter klopfen, fehlt den Menschen nun jegliches Verständnis für die anstehende Preiserhöhung. Zu unklar ist, was eigentlich mit dem eigenen Wasserkraft-Strom passiert, zahlreiche Kommunikationspannen haben die Zweifel am Landesversorger weiter geschürt.
Vieles am Strommarkt scheint selbst dem Regulierer E-Control ein Rätsel zu sein. Hoffentlich bringt der Endbericht Licht ins Dunkel.
Quelle: TIROLER TAGESZEITUNG "Leitartikel" 28. Juni 2023, von Max Strozzi