„Arbeitslosigkeit darf nicht automatisch Armut bedeuten. Die Inflationsanpassung von Arbeitslosengeld und Notstandshilfe ist überfällig.“
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Zum Tag der Arbeitslosen weist Anna Parr, Generalsekretärin der Caritas Österreich auf den unmittelbaren Zusammenhang zwischen Arbeitslosigkeit und Armut in Österreich hin: „Fakt ist, wer in Österreich seine Erwerbsarbeit verliert, muss von einem auf den anderen Tag von etwa der Hälfte des Einkommens leben. Das bedeutete schon vor den Teuerungen in vielen Fällen ein Leben unter der Armutsgrenze.“ So lag die Armutsgefährdungsquote lt. Statistik Austria-Daten bereits vor der Teuerungskrise nach ein bis fünf Monaten ohne Job bei ca. 20%, nach fünf bis elf Monaten bereits bei 36%. Diese Situation hat sich nun weiter verschärft.
Langzeitbeschäftigungslosigkeit bleibt zentrales Problem
Die ohnehin hohe Armutsgefährdung steigt deutlich an, je länger die Betroffenen ohne Job sind, so Parr: „Unter ganzjährig arbeitslosen Menschen waren lt. den aktuellen Armutszahlen mehr als 40% armutsgefährdet, 16% waren erheblich materiell und sozial benachteiligt, also besonders stark betroffen. Im Alltag der Betroffenen bedeutete das, dass sich sechs von zehn Menschen unerwartete Ausgaben nicht leisten konnten, mehr als jeder fünften langzeitbeschäftigungslosen Person war es nicht mehr möglich zumindest jeden zweiten Tag eine vollwertige Mahlzeit zu sich zu nehmen.“ Betroffen ist nicht bloß eine kleine Gruppe, rückt Parr zurecht: „Während die Arbeitslosigkeit insgesamt auf einem sehr niedrigen Niveau ist, waren im März 2023 lt. AMS noch immer rund 75.500 Menschen in Österreich von Langzeitarbeitslosigkeit betroffen. Und genau für diese Menschen ist es besonders schwer wieder auf den Arbeitsmarkt zurückzukehren. Neben der starken finanziellen Belastung wirkt sich die Langzeitarbeitslosigkeit bei ihnen sehr häufig psychisch und körperlich aus, womit ein Teufelskreis der Armut entsteht, aus dem es sehr schwer wird, auszubrechen.“
Teuerungskrise erhöht Dringlichkeit für strukturelle Maßnahmen im Arbeitsmarktbereich
Mit der Teuerung hat sich die Situation für von Arbeitslosigkeit Betroffene nun massiv verschärft, so Parr weiter: „Während die Preise in allen Lebensbereichen massiv gestiegen sind, blieben die Einkommen von Menschen, die von Langzeitarbeitslosigkeit betroffen sind, gleich. Sie profitieren nicht von höheren Kollektivvertragsabschlüssen. Nach dem Scheitern einer entsprechenden Arbeitsmarktreform ist die Regierung zumindest gefordert, hier jetzt zeitnah eine Anpassung von Arbeitslosengeld und Notstandshilfe auf das jetzige Preisniveau vorzunehmen.“
Ebenfalls dringend gefordert sieht Parr die Bundesregierung in der Umsetzung einer aktiven Arbeitsmarktpolitik: „Die nach wie vor hohe Zahl langzeitbeschäftigungsloser Menschen zeigt die großen Hürden auf, mit denen sich viele Menschen beim Finden von Arbeit konfrontiert sehen. De facto sind die Strukturen und Rahmenbedingungen, unter denen Erwerbsarbeit in den meisten Fällen verrichtet werden, für manche Personengruppen nicht passend.“ Als Beispiele nennt Parr die häufig nicht mögliche Vereinbarkeit von Erwerbs- und Care-Arbeit, die oft fehlende Barrierefreiheit sowie hohe Auflagen und Anforderungen in vielen Bereichen. Die während der Corona-Pandemie durchgeführten Unterstützungsmaßnahmen und spezielle Förderprograme für langzeitbeschäftigungslose Menschen, wie die Aktion Sprungbrett, haben hier eine klare Wirkung gezeigt. Parr: „Es gilt, Projekte dieser Art fortzusetzen und dauerhafte und gesicherte Arbeitsplätze auch für all jene zu schaffen, die schon länger nicht mehr am Arbeitsmarkt dauerhaft Fuß fassen konnten.“
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